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Hoch- und Spätmittelalter


Als Hochmittelalter wird die Zeit von 1050 bis 1250 n. Chr. angesehen. Die letzten 250 Jahre des Mittelalters von 1250 bis 1500 n. Chr. werden als Spätmittelalter bezeichnet. Im Grunde ist damit alles zu Glasperlen gesagt, denn die bunten Kuller verschwinden in der Mitte des 11. Jahrhunderts. Mit der Herrschaft der Salier setzt sich der Trend der vollständigen Christianisierung Europas und Durchdringung in den Lebensalltag der Bevölkerung endgültig durch. Daraufhin ändert sich die Bestattungskultur. Statt die Toten im vollem Ornat zu beizusetzen, ist nun ein einfaches Leinenhemd das buchstäblich letzte Hemd.

Schmuck gilt in der christlichen Gesellschaft nicht länger als Standessymbol. Sicherlich wird weiterhin Schmuck als solcher getragen, doch dabei handelt es sich meist um zierliche Fürspane, Schapel und Gewandnadeln bei den Frauen sowie Gürtel- und Schuhschnallen bei den Männern. Diese Schmuckstücke damit erfüllen mehr als nur den Zweck der Zur-Schau-Stellung, da sie in der Tracht eine klare Funktion haben. Glasperlen werden teilweise als Köpfe von Gewandnadeln verwendet oder auf Fürspäne aufgenietet. Emaille wird als Verzierung ebenfalls eingesetzt.

Paternosterkette mit Koralle und Onyxperlen

Als kleines modisches Accessoire gibt es nun allerdings Gebetsschnüre, sog. Paternoster, die einfachen Vorläufer der Rosenkränze. Bei diesen werden Perlen verwendet. Allerdings sind bei den unteren Bevölkerungsschichten häufig Sämereien, Holz, Stein, Bein und Geweih als Material in Verwendung, während sich die Bürger und Adligen Halbedelsteine, Bernstein, Süßwasserperlen und tatsächlich auch einfarbige Glasperlen leisten können. Es gibt einige wenige Funde von Rosenkranz-/Paternosterperlen, darunter Silberfolienperlen in Melonenform.

 

Außerdem finden sich zarte Halsketten aus einfarbigen Glasperlen in Grün und Gelb, deren Durchmesser meist runter 3 mm beträgt. Es ist fraglich, ob diese überhaupt als Halsketten dienten oder ob es sich um eine Bestickung des Halsausschnittes handelte. Je weiter sich das Mittelalter der Neuzeit näher, umso seltener werden die Glasperlenfunde. Im Spätmittelalter verschwinden sie ganz.

Aufwendige Rekonstruktion eines Renaissance-Kleids

Dafür kommen immer mehr Süßwasserperlen auf, die hauptsächlich als Bestickung der zur Renaissance aufkommenden prunkvollen Samtkleidern dienen.

 

Butzenscheibe aus Waldglas

16. Jh. n. Chr. (Quelle: www.wikipedia.org)

Man könnte vermuten, dass ein komplett anderer Grund für das Ende der Glasperlen in dem Zusammenbrechen von Rohstoffhandel und Beschaffung der Ausgangsmaterialien liegt. Dem scheint nur auf dem ersten Blick so. Denn Glas wird weiter eingesetzt. Zwar verschwinden mit den Perlen auch die bekannten Prunkgefäße, wie sie von Franken bekannt sind, gleichzeitig kommen aber Pokale, Scherzgefäße und die ersten Butzenscheiben im 14. Jahrhundert auf.

 

Fragmente eines Fadenrippenbecher

um 1400, Lüneburg

Auch weitere Trink- und funktionelle Gefäße werden aus Glas hergestellt, wie die Warzen- und Fadenrippenbecher sowie Flaschen. Glashütten und damit das Glasherstellende Handwerk und das des Glasbläsers existieren weiter und werden sogar weiter verfeinert und ausgebaut.

 

Ein etwas außergewöhnlicher Befund bilden hier die grünen Glasperlen aus der Wüstung Nienover, Landkreis Northeim (Südniedersachsen). Hier wurden einige gerippte Glasperlen aus leuchtend grünem transluzentem Glas gefunden. Vermutlich handelt es sich um hohle eingekerbte Glasstäbe, die so gebrochen wurden, dass segmentierte Glasperlen sowie einzelnen Ringperlen entstanden. Es ist unklar, ob die Perlen als Halsschmuck dienten oder einen komplett anderen Zweck hatten. Der Fund ist auf um 1200 n. Chr. datiert.