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Übersicht


Das Frühmittelalter bezeichnet den ersten Abschnitt des Mittelalters nach der Völkerwanderungszeit, welcher etwa 500 Jahre umfasst. Es handelt sich um die den Zeitraum vom Untergang des weströmischen Reiches um 476 bis zum Beginn der Herrschaft der Salier bis 1027 n. Chr. Nach der Völkerwanderung bildeten sich Anfang des Frühen Mittelalters Stämme heraus, die in ihrer Kultur unterschiedlichen waren. Zwischen manchen herrschte Krieg, andere beeinflussten sich gegenseitig durch Handel. Es erscheint daher unmöglich, auch die Geschichte der Glasperlen in Mitteleuropa zu dieser Zeit in wenigen Worten zusammen zu wollen. Doch es gab einige allgemein gültige Tendenzen und Entwicklungen, die im Folgenden vorgestellt werden.

Würde man alle Perlen aus ganz Deutschland, die aus der Zeit des Frühen Mittelalter gefunden geworden, heute in einen sehr großen Topf werfen, sähen man auf einen Schlag, dass die Perlen trotz ihrer riesigen Vielfalt, doch einheitlich sind. Die vorherrschenden Farben waren Erdtöne wie gelb, rot bis braun und orange, außerdem weiß. Die meisten Perlen in dem Topf wären einfarbig in den genannten Farben. Doch seit der Zeit der Kelten hat sich im Farbspektrum sehr viel getan. Es kommen außer Pink und Rosa eigentlich alle Farben des Farbkreises vor, wobei undurchsichtige Farben dominieren.

Winzige einfarbige und Silberfolienperlen

Die einfarbigen Perlen sind meist klein bis winzig. Vor allem gelbe und rote können unter 3 mm im Durchmesser sein. Auch einfach verzierte Perlen sind klein, viele sind unter 10 mm im Durchmesser. Man staunt, wie man auf einer Perle, die 10 mm hoch und 3 mm breit ist, Linien kombiniert mit Schichtaugen Platz finden.

 

Reticella-Perlen


Doch in dem Topf würden auch die sehr großen Glasperlen ins Auge fallen, die mit komplexen Mustern verziert sind. Diese stammen in der Regel aus der ersten Hälfte des Frühmittelalters. Dazu zählen vor allem die sog. Reticella-Perlen, welche mit verdrehten Glasbändern verziert sind.

 

Große komplexe Perlen

ca. 600 n. Chr.

Wühlt man ein bisschen im großen Perlentopf, so fällt auf, dass Perlen mit Linienverzierung, also Fadenauflagen, denen mit Augenverzierung deutlich überlegen sind. Neben der Zickzackzier und einfachen Achterschleifen treten vielfach komplexe, gekämmte Muster auf. Diese können jedoch auch mit Augen oder Noppen kombiniert sein.

 

Silberfolienperlen aus Liebenau

Grab H11/A12

Zwischen all den bunten Perlen im großen Topf schimmern die winzigen Silber- und Goldfolienperlen hervor. Die waren in ganz Mitteleuropa verbreitet, was den Schluss zulässt, dass diese in spezialisierten Werkstätten hergestellt und weit gehandelt wurden. Meist sind die Perlen, die mit unter 3 mm im Durchmesser winzig sein können, hohl. Sie wurden also geblasen und nicht gewickelt. Meist sind es segmentiert, die als Zweifach-, Dreifach-, Verfach-, etc. Perlen vorkommen.

 

Große Mosaikperle aus Rosdorf bei Göttingen

Zum Schluss offenbart der große Perlentopf noch die Mosaikperlen dieser Zeit. Während in der römischen Kaiserzeit vielfach Perlen mit Schachbrettmuster gefunden wurden, treten diese jetzt nur selten auf. Die meisten Mosaikperlen sind aus Blumen- und Punktmustern zusammengesetzt.

 

Beispiele für Ketten aus Baden-Württemberg

Auch die Mode, wie diese Perlen getragen wurden, verändert sich im Laufe der Zeit. Zu Beginn des frühen Mittelalters überwiegen Ketten mit vielen sehr großen Perlen. Später kommen sehr lange Ketten, deren Perlen deutlich kleiner und filigraner sind. Sie können über hundert Perlen enthalten, wobei die einfarbigen dominieren. Die Ketten sind keineswegs symmetrisch aufgebaut. Manchmal sind sie wenigstens farbsymmetrisch. Doch oftmals wirken sie durch die vielen einfarbigen und bunten Perlen farbenfroh und doch ins sich harmonisch.

 

Müsste man also die Ketten und Glasperlen des Frühmittelalters in Deutschland in einem Satz zusammenfassen, so lautet er: „Hauptsache bunt mit viel Gelb und Rot!“